Bei Cogitaris ist New Work kein Trendwort, sondern gehört zu unserer gelebten Kultur. Wie sich das Thema New Work bei Cogitaris etabliert hat und vor welchen Herausforderungen Unternehmen bei der Umsetzung neuer Strukturen bzw. der Einführung von New Work Werten stehen, erzählt uns Angelina im Interview.
Warum hast du dich für den Bereich Personal- und Organisationsentwicklung entschieden?
Angelina: Ursprünglich komme ich aus dem Bereich der sozialen Arbeit. Ich liebe es, mit und für Menschen zu arbeiten. Am meisten Freude bereitet es mir, Menschen dabei zu unterstützen, ihren Weg zu finden. Diese Motivation hat mich dazu bewegt, einen Master in Personal- und Organisationsentwicklung zu absolvieren. Der Beruf ist ein großer Lebensbereich, weswegen mein Anspruch ist, einen tollen Arbeitsplatz zu schaffen, der unsere Mitarbeitenden bei der persönlichen und beruflichen Entwicklung sowie bei der Erreichung der angestrebten Ziele unterstützt.
Wie wichtig findest du die Kombination aus Personalentwicklung und Organisationsentwicklung?
Angelina: Für mich ist ganz klar, dass das eine nicht ohne das andere funktioniert. Eine Organisation kann meiner Meinung nach nur dann erfolgreich weiterentwickelt werden, wenn auch die Personalentwicklung vorangetrieben wird. Gleichzeitig macht die Personalentwicklung nur Sinn, wenn auch Organisationsstrukturen reflektiert und angepasst werden, damit Entwicklungsprozesse ganzheitlich im Unternehmen wirken. Die Verzahnung dieser beiden Bereiche schafft daher aus meiner Sicht optimale Organisationsstrukturen, in denen sich unsere Mitarbeitenden frei und kreativ entfalten können. Außerdem ist es ein maßgeblicher Treiber für unseren Unternehmenserfolg.
Was genau bedeutet das Trendwort „New Work“ und welche zentralen Werte verfolgt „New Work“?
Angelina: Das Interessante an New Work ist, dass es eigentlich nichts Neues ist. Bereits in den 80er-Jahren hat Frithjof Bergmann sich aktiv mit der Arbeitswelt der Zukunft auseinandergesetzt und gilt damit als einer der Begründer des New-Work-Gedankens. Er beschäftigte sich vor allem damit, wie die Arbeitswelt gestaltet werden kann, damit Arbeit mehr Erfüllung, Freiheit und Gestaltungsspielraum bereitet. New Work und die damit verbundenen Möglichkeiten sind insbesondere wegen der rasanten Entwicklung von Digitalisierung und Globalisierung aktuell zu einem absoluten Trend geworden und wir müssen uns jetzt damit beschäftigen, wie sich unsere gesamte Arbeitswelt durch die Nutzung von KI und der Einführung neuer Technologien weiterentwickelt. New Work verfolgt dabei die Werte, dass Mitarbeiter*innen sich frei entfalten können. Hierzu gehören neben der Teilhabe an einer Gemeinschaft auch die selbstständige und selbstbestimmte Arbeit. Im Kern geht es darum, dass Mitarbeiter*innen eine selbst gewählte Tätigkeit ausüben, die einerseits den Bedürfnissen entspricht und andererseits die Stärken eines jeden Einzelnen fördert. Dabei ist es vor allem wichtig, im passenden Umfeld zu arbeiten. Ich persönlich finde es gut, dass Unternehmen sich aktuell aktiv mit ihren Strukturen, Prozessen und der Zusammenarbeit auseinandersetzen, um nachhaltig Change Prozesse anzustoßen und die Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und an die „neuen äußeren“ Umstände anzupassen.
Was sind die Vorteile von New Work auf Unternehmens- und Mitarbeiterseite?
Angelina: Die Vorteile für Mitarbeitende sind ganz klar mehr Gestaltungsspielraum für die (Weiter-)Entwicklung der eigenen Stelle, mehr Kreativität und Eigenverantwortung in Arbeitsprozessen sowie mehr Selbstständigkeit im Allgemeinen.
Auch Unternehmen profitieren von den oben genannten Vorteilen. Mehr Gestaltungsspielräume und zunehmende Partizipationsmöglichkeiten stärken die Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen, sodass diese motivierter und leistungsbereiter agieren. Außerdem führt die Zufriedenheit auch zu einer Art „emotionalen Bindung“, was besonders das Thema Personalfluktuation positiv beeinflussen kann. Zudem führt die kritische Hinterfragung und Anpassung von Hierarchieebenen zu beschleunigter Innovationskraft und mehr Selbstständigkeit der einzelnen Mitarbeiter*innen und beeinflusst nachhaltig das gesamte Unternehmensklima. Ein Klima, in dem Vertrauen, Eigenverantwortlichkeit und Partizipation tatsächlich gelebt wird, kann sich positiv auf die Personalsituation auswirken und ist natürlich gerade im Hinblick des Fachkräftemangels absolut notwendig.
Gibt es auch Nachteile auf Unternehmens- oder Mitarbeiterseite?
Angelina: Ja, die kann es geben. New Work ist ein Change-Prozess, der mehr benötigt als die reine Akzeptanz. Das wichtigste ist, Veränderungen klar und transparent zu kommunizieren und nicht davon auszugehen, dass es für alle schon passen wird. Mitarbeiter*innen sollten ein Teil der Veränderung sein und diese aktiv mitgestalten und vor allem den Sinn und Zweck einer Veränderung verstehen. Auch sollte bei Veränderungen die Unternehmenskultur eine wichtige Rolle spielen. Umgesetzte Maßnahmen müssen zur Unternehmensphilosophie passen und es muss ein Verständnis auf der Seite der Mitarbeitenden geschaffen werden. Wir sollten uns daher immer erst einmal fragen, was das Ziel einer Veränderung ist und ob das Ziel tatsächlich zu uns passt. Eine Möglichkeit, diesen Prozess aktiv zu begleiten, ist beispielsweise ein Mitarbeiterzufriedenheitstracking. Der aktuelle Ist-Zustand wird erfasst und während der Veränderung wird regelmäßig nach dem aktuellen Stand der Zufriedenheit gefragt. Natürlich ist ein Veränderungsprozess in großen Unternehmen deutlich komplexer.
Aufseiten der Mitarbeitenden können durch New Work auch Nachteile entstehen. Zukünftig wird von Mitarbeitenden eine gewisse Selbstständigkeit und ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Eigenständigkeit vorausgesetzt. Die gesamte Arbeit selbstständig zu koordinieren und gute Arbeitsergebnisse zu erzielen auch ohne weitere Entscheidungsträger oder übergeordnete Instanzen fordert auch die Mitarbeitenden heraus. Hilfreich an dieser Stelle sind offene und transparente Mitarbeitergespräche, in denen Mitarbeiter*innen ganz offen über Herausforderungen oder auch Probleme sprechen können und gemeinsame Entwicklungsschritte besprochen werden können.
Themen in diesem Zusammenhang werden aus meiner Sicht zukünftig auch die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung sowie das Etablieren resilienter Verhaltensstrukturen.
Wie kann ich Mitarbeitende bei dem Veränderungsprozess aktiv unterstützen?
Angelina: Die Aufgabe von Unternehmen und Personalbereich ist während eines Veränderungsprozesses unfassbar wichtig. Es geht darum, hinzuschauen und gemeinsam immer wieder neu zu reflektieren und zukünftige Ziele und Pläne auszuarbeiten. Das wichtigste ist die Beteiligung an Veränderungsprozessen und die Vermittlung der Sinnhaftigkeit einer Veränderung. An dieser Stelle sollten aus meiner Sicht besonders Mitarbeitergespräche zum Einsatz kommen. Ein Mitarbeitergespräch gibt einen Überblick über die aktuelle Zufriedenheit, die jeweilige Veränderungsbereitschaft sowie die Möglichkeit, Motivationskurven aufzufangen. Ein wertschätzender Umgang miteinander, indem die Meinung eines anderen gehört und akzeptiert wird, finde ich insbesondere beim Thema New Work wichtig.
Des Weiteren können Coachings und Trainings dabei helfen, eigene Belastungsgrenzen zu definieren und die Kommunikation und Selbstständigkeit zu fördern.
Inwieweit hat die Corona-Situation die Arbeitswelt und auch das Thema New Work beeinflusst?
Angelina: Das Thema Digitalisierung und auch Globalisierung wurde durch die Corona-Pandemie wahnsinnig stark beeinflusst und vorangetrieben. Wenn man sich vorstellt, dass Kommunikationstools wie beispielsweise Teams noch vor drei Jahren selten oder überhaupt nicht genutzt wurden, sind diese Tools heute nicht mehr wegzudenken. Es musste schnell und innovativ gehandelt werden, was zu einem enormen Schub geführt hat. Das hat unsere Zusammenarbeit und auch unsere Arbeitswelt inzwischen stark geprägt. Durch die neue Art der Zusammenarbeit (z.B. digitale Vernetzung, digitalisierte Arbeitsabläufe, hybride Arbeitsmodelle) entsteht nun vermehrt die Möglichkeit, New Work Konzepte zu entwickeln und alte Strukturen zu überdenken und anzupassen.
Wir sprechen die ganze Zeit von Work-Life-Balance. Jetzt ist der Begriff Work-Life-Blending zum Trend geworden. Was genau bedeutet Work-Life-Blending und was genau verändert das zukünftig?
Angelina: Während Work-Life-Balance das Ausbalancieren zwischen Beruf und Privatleben fokussiert, soll durch Work-Life-Blending ein fließender Übergang zwischen Beruf und Privatleben geschaffen werden. Meiner Meinung bildet der fließende Übergang mehr die Realität ab. Es ist schwierig, privat und Berufsleben strikt zu trennen, da wir einen großen Teil unserer Lebenszeit nun einmal auf der Arbeit verbringen und der Job auch zu unserem Leben gehört. Beim Blending geht es meiner Meinung nach nicht um eine konkrete Trennung, sondern eher um einen harmonischen Einklang und eine bewusste Haltung. Mein Beruf ist nicht nur der Job, mit dem ich Geld verdiene, sondern ein Teil meines Lebens. Ich persönlich finde es schön, Arbeitszeiten selbst zu gestalten und zähle mich auch eher zum Team Work-Life-Blending. Ich denke den Job als ewiges „Muss“ anzusehen, kann nachhaltig dem eigenen Wohlbefinden schaden.
Wie glaubst du, wirkt sich das in Zukunft auf das Thema Recruiting aus?
Angelina: Der klassische Bewerbungsprozess, wie wir ihn kennen, hat keine Beständigkeit mehr, da er viel zu viel Aufwand darstellt und der Fachkräftemangel keine ewigen Auswahlverfahren mehr zulässt. Daher bedarf es einer kritischen Auseinandersetzung mit klassischen abfragenden Bewerbungsprozessen, in denen ein Lebenslauf, Anschreiben und Zeugnisse gefordert werden. Ich denke, dass der Fokus künftig noch stärker auf dem persönlichen Mindset liegen wird, welches man nur im persönlichen Kontakt feststellen kann. Mit dem richtigen Mindset können aus meiner Sicht auch fehlende Qualifikationen aufgearbeitet werden. Im Allgemeinen wird es zukünftig viel weniger Bürokratie und Verwaltungsarbeit geben. Außerdem werden Social Media Kanäle wie beispielsweise Xing oder LinkedIn sehr attraktiv hinsichtlich der Bewerbersuche und Unternehmenssuche. Recruiting wird mehr visuell stattfinden und versuchen das potentielle neue Arbeitsklima abzubilden. Ich denke es wird weniger klassische Stellenausschreibungen sondern vermehrt persönliche Ansprachen über Videos und Bilder auf Social Media Plattformen geben.
Wie glaubst du, entwickelt sich die gesamte Arbeitswelt in Zukunft?
Angelina: Ich denke, dass sich die Arbeitswelt insgesamt dahingehend weiterentwickelt, dass die Arbeit zunehmend als lebendiger und erfüllender Lebensbestandteil angesehen wird und nicht mehr als reines „Muss“ betrachtet wird. Schon jetzt ist dies an den diskutierten Themen rund um People & Culture erkennbar und wir sehen verschiedenste Konzepte, um New Work-Aspekte in die Unternehmen einfließen zu lassen. Neben den wirtschaftlichen Erfolgszielen eines Unternehmens werden somit auch zunehmend die kulturellen und sozialen Aspekte im Unternehmen berücksichtigt und fokussiert, damit Gestaltungsspielräume, Partizipationsmöglichkeiten und Zugehörigkeitsempfindungen gestärkt werden.
Welche New Work Werte wurden bei Cogitaris bereits umgesetzt?
Angelina: Wir haben uns gezielt mit den Bedürfnissen der Mitarbeitenden und unserer Unternehmenskultur auseinandergesetzt und in den letzten zwei Jahren einiges verändert. Unter Berücksichtigung des Arbeitszeitgesetzes haben unsere Mitarbeitenden absolute Flexibilität hinsichtlich ihrer Arbeitszeit. Zusätzlich geben wir unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit, innovativ und selbstbestimmt die eigene Tätigkeit voranzutreiben und zu gestalten. Unsere Unternehmenskultur ist geprägt von persönlicher und fachlicher Weiterentwicklung jedes einzelnen, Coachings und Teambuilding-Maßnahmen zur gemeinschaftlichen Entwicklung sowie einer familiären Atmosphäre. Unser Anspruch ist es, dass jeder gerne zur Arbeit kommt und das, was er macht, auch gerne tut.
Hast du noch ein paar Tipps für das Etablieren neuer Werte im eigenen Unternehmen?
Angelina: Ich denke, der wichtigste Punkt ist, die Mitarbeitenden mit auf die Reise zu nehmen und gezielt nach den Bedürfnissen zu fragen. Aus meiner Sicht spielen Werte eine große Rolle. Wenn meine eigenen Werte mit den Werten des Unternehmens und meinen Kolleg*innen größtenteils übereinstimmen, dann fühle ich mich automatisch zugehöriger und verbundener. Deshalb finde ich es wichtig herauszufinden, welche Werte für die gemeinsame Arbeit bedeutsam sind und man diese im Kollektiv entwickelt. Uns hat beispielsweise ein gemeinsames Seminar dabei unterstützt, unsere Werte zu definieren und zu verinnerlichen.